Akkommodative Linse
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Berechnungen zum „akkommodativen Wirkungsgrad“ des Optik-Shift-Prinzips bei intraokularen Linsenimplantaten (Teil 2)

Hinsichtlich des theoretisch zu erwartenden Akkommodationserfolges einer axialen Verschiebung intraokularer Kunstlinsen („Optik-Shift-Prinzip“), gibt es mehrere, zum Teil recht unterschiedliche Berechnungswege.

Die vorliegende Arbeit basiert zum einen auf der durch die so genannte Gullstrand`sche Formel beschriebenen Gesamtbrechkraftänderung, abhängig vom Abstand (d) zwischen Hornhautbrechkraft (D1) und Linsenbrechkraft (D2), sowie dem durch den Brechungsindex (n) charakterisierten umgebenden Medium, und zum anderen auf der über die mit jeder Abstandsänderung zugleich verbundenen Verschiebung der bildseitigen Systemhauptebene (H´s) des Auges. (Abb. 1)

Berechnungen:

Während die Gesamtbrechkraftänderung über die Formel

D = D1 + D2 - d · D1 · D2/n

zu einer tatsächlichen Veränderung der bildseitigen Brennweite im Auge führt, resultiert im Falle der durch die Formel

h´ = - d · D1/D

beschriebenen Verlagerung der bildseitigen Systemhauptebene (H´s) lediglich eine Versetzung der Brennweite.
In beiden Fällen kommt es zu einer realen Verschiebung des Brennpunktes („Fokus-Shift“) relativ zur Netzhaut, was somit Ausdruck einer echten Akkommodationsleistung ist.

Beide Anteile zusammengefasst, ergeben die neue Rechenvorschrift:
a = n/D(nachher) - n/D(vorher) + (Diff. d + Diff. h´)

wobei:

a  =  axiale Verschiebungsstrecke des Fokus relativ zur Netzhaut
n  =  Brechungsindex 1.336 (Kammerwasser)
Dn  =  Gesamtbrechkraft nach der Optikverschiebung
Dv  =  Geamtbrechkraft vor der Optikverschiebung
Diff. d  =  Maß der Optikverschiebung bzw. Vorderkammertiefenänderung
Diff. h´  =  Differenz der Messstrecken zur Bestimmung der Lage von H´
zwischen vor und nach dem Optik-Shift

Durch eine anschließende in Verhältnissetzung der gewonnenen Fokus-Shift-Strecke a zur ursprünglichen (vor dem Optik-Shift) bildseitigen Brennweite f ´ (für Emmetropie), lässt sich sodann der tatsächliche Akkommodationsgewinn (in Dioptrien) gegenüber der Ausgangssituation ermitteln:

Akkommodationsgewinn (dpt) = n/(f ` + a) - n/f `

Der jeweilige „akkommodative Wirkungsgrad“ ergibt sich aus dem Verhältnis
Fokus-Shift / Optik-Shift (a/Diff. d) in %.

Im Unterschied zu den meisten anderen diesbezüglichen Rechenvorschriften berücksichtigt der hier benutzte Rechenweg explizit die mit dem Optik-Shift verbundene jeweilige Hauptebenenverlagerung des Gesamtsystems Auge und verzichtet dafür auf den Parameter der Bulbuslänge, welche jedoch in Dv indirekt enthalten ist (vorausgesetzt man geht von einer primär emmetropisierenden Gesamtbrechkraft aus). Darüber hinaus ist anstelle der sonst üblichen Vorderkammertiefe der Abstand d zur Lagebestimmung der Kunstlinse im Auge berücksichtigt, der nicht bloß den rein mechanischen Abstand zwischen Hornhaut und Intraokularlinse, sondern den für die Berechnungen korrekteren optischen Abstand (da bezogen auf die jeweilige Lage der dingseitigen Hauptebene der Linse) repräsentiert. 1

Ergebnisse:

Durch gezielte Veränderung der Parameter D1, D2 sowie d, können hierbei folgende Zusammenhänge aufgezeigt werden:

  • der akkommodative Wirkungsgrad bzw. Akkommodationserfolg korreliert positiv mit:
    • dem Ausmaß der Optikverschiebung (Optik-Shift)
    • dem Ausgangspunkt der Optikverschiebung
    • der absoluten Brechkraft der Intraokularlinse
    • der relativen Brechkraft der Intraokularlinse zur Hornhautbrechkraft
    • der Gesamtbrechkraft des Auges

  • der akkommodative Wirkungsgrad bzw. Akkommdationserfolg korreliert negativ mit:
    • dem Abstand d zwischen Hornhaut und Linse
    • der Bulbuslänge bzw. der für Emmetropie erforderlichen
      bildseitigen Brennweite f `(vorher)

  • Während der mit dem Optik-Shift verbundene Anteil der Brechkraftänderung am Akkommodationszuwachs einer streng linearen Beziehung folgt, zeigt der über die Hauptebenenverschiebung bedingte Anteil einen mit Abnahme von d ansteigenden Kurvenverlauf.

  • Je kürzer der optische Abstand zwischen Hornhaut und Linse (bzw. je kleiner die Vorderkammertiefe), desto mehr gewinnt der Anteil der Systemhauptebenenverschiebung (Diff.H´s) gegenüber dem des tatsächlichen Brechkraftzuwachses am Gesamterfolg der Akkommodation an Bedeutung.


Schlussfolgerung und Ausblick:

Durch gezielte Veränderung einer oder mehrerer der drei Parameter (D1, D2, d) ließe sich somit der akkommodative Wirkungsgrad bzw. der zu erwartende Akkommodationserfolg beim Optik-Shift noch erheblich verbessern.

Im Falle von D1 und/oder D2 wäre dies beispielsweise über eine bewusste Erhöhung der Linsenbrechkraft (D2) bei gleichzeitiger bzw. anschließender kompensatorischer Abschwächung der Hornhautbrechkraft (D1) - zum Erhalt der emmetropisierenden Gesamtbrechkraft - mittels einer Kontaktlinse oder besser noch durch einen laserchirurgischen Eingriff (PRK, LASIK etc.) der Hornhaut denkbar. (Vielleicht liegt hier sogar die Zukunft für eine wirkungsvolle allgemeine Presbyopiebehandlung.)

Eine darüber hinaus gezielte Verringerung des Abstandes d wäre über eine entsprechende Gestaltung der Linsenoptik (z.B. asymmetrisch bikonvex, plankonvex oder konkav-konvex), welche die dingseitige Hauptebene der Linsenoptik näher an die Hornhaut versetzen würde, realisierbar.

Durch eine, abhängig von der Ausgangs- bzw. Ruhelage des Linsenimplantats, Aufteilung der Verschiebungsstrecke in einen anterioren und einen posterioren Anteil, wäre (trotz des nur begrenzten Platzangebots im Auge) eine Ausweitung der gesamten Verschiebungsstrecke erreichbar.

Dies alles zeigt, dass eine auf dem Optik-Shift-Prinzip basierende hinreichende Akkommodationsleistung mit weitaus weniger an Verschiebungsstrecke auszukommen vermag, als gemeinhin immer wieder behauptet wird. 2

Berücksichtigt man zu dem noch all jene Faktoren der so genannten „Pseudoakkommodation“, so dürfte eine auf diesem Prinzip basierende suffiziente pseudophake Akkommodation - zumindest theoretisch - auch im menschlichen Auge durchaus im Bereich des Realisierbaren liegen.





Berechnungsgrundlagen:

  • D = D1 + D2 - d · D1 · D2/n
    So genannte Gullstrand`sche Formel. Gibt die Gesamtbrechkraft abhängig vom Abstand (d) zwischen Hornhaut (D1) und Intraokularlinse (D2) an
  • h’ = - d · D1/ D
    Gibt die Lage der bildseitigen Systemhauptebene (H’s) abhängig von der Hornhautbrechkraft (D1) zur Gesamtbrechkraft (D) an
  • Diff. h’ = h’(nachher) - h’(vorher)
    Gibt die Differenz der Messstrecken zur Bestimmung der Lage von H’s zwischen vor und nach der Optikverschiebung an
  • Diff. H’s = Diff. d + Diff. h’
    Gibt das tatsächliche Ausmaß der bildseitigen Hauptebenenverlagerung (bzw. der Versetzung der bildseitigen Brennweite (f ’)) an
  • a = n/D(nachher) - n/D(vorher) + (Diff. d + Diff. h’)
    Gibt die durch den Optik-Shift induzierte reale Fokusverlagerung relativ zur Netzhaut an
  • „akkommodativer Wirkungsgrad“ = a/Diff. d
    Gibt das Verhältnis „Fokus-Shift“ zu „Optik-Shift“ in % an
  • Akkommodationserfolg = n/(f´(vorher) + a) - n/f´(vorher)
    Gibt den Zuwachs in Dioptrien gegenüber der Ausgangssituation an

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 Dr. K. A. Müller • Am Holzberg 20 • 36304 Alsfeld • eMail